Dieter Nuhr

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Libanon

Im Libanon wird man als Tourist nicht automatisch erschossen. Das ist für viele eine überraschende Nachricht. Wenn in einem Nachbarland, in diesem Falle Syrien, geschossen wird, heißt das noch lange nicht, dass man auch nebenan erschossen wird. Man trifft im Libanon übrigens jede Menge Leute, die gerade aus Damaskus oder Aleppo zu Besuch sind. Mit denen zu sprechen, ist oft sehr erhellend. Man lernt dann schnell, dass die Lage in Syrien weit komplizierter ist, als sie sich hierzulande darstellt. Bei uns berichtet man ja gerne holzschnittartig, da man als Europäer immer den Wunsch hat, in einem Krieg die Guten von den Bösen unterscheiden zu können. Das ist ein bisschen naiv, aber welche Sehnsucht wäre das nicht? Hierzulande wünschen sich viele Leute, dass die Regierung in Syrien möglichst schnell zum Teufel geht. Mit solchem Denken ist man moralisch immer auf der richtigen Seite. Es stellt sich allerdings die Frage, was danach kommen soll. Und was danach kommen SOLL, ist noch lange nicht das, was danach auch kommen WIRD. Die journalistische Berichterstattung in Sachen Syrien kommt in ihrem vereinfachenden und moralisierenden Charakter dem Wunsch des Lesers nach einfachen Verhältnissen entgegen. Die Lage selbst ist natürlich viel komplexer. Das allerdings geht die Journalisten nichts an. Sie müssen leben. Und eine einfache Wahrheit ist immer besser zu vermitteln als die nicht leicht in Worte zu fassende Vielfältigkeit der Realität. Journalismus heute funktioniert nach einem einfachen Muster: Keiner weiß was, einer behauptet was, alle schreiben es ab. Das ist traurig, aber leider effektiv.

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